Parodontitis ist die Erkrankung des Zahnhalteapparates und des sich daraus resultierenden Knochenabbaus. Bakterielle Plaque lagert sich an der Grenze von Zahnhals zu dem Zahnfleischrandsaum ab und schüttet Toxine aus. Durch diese Gifte wird das körpereigene Immunsystem aktiviert, welches nun mit den gängigen Entzündungszeichen Rubor, Calor, Dolor, Tumor und functio laesae reagiert. Die Blutgefäße weiten sich um Immunzellen zu der Entzündung zu transportieren um die Bakterien zu bekämpfen, was wir als Gingivitis, dem Zahnfleischbluten bei der Zahnreinigung, Essen, beim Knirschen oder Spontan spüren. Durch die Immunsystemaktivierung, wird der Gesamtorganismus leicht geschwächt, deswegen sollten wir die Parodontitis in den Griff bekommen, um das Immunsystem wieder zu stärken um andere Krankheitserreger zu bekämpfen.
Gegen das Zahnfleischbluten hilft eine gründliche Professionelle Zahnreinigung, die sowohl die Entfernung der harten und weichen Zahnbeläge der Zahnoberfläche, als auch 3mm unterhalb des Zahnfleisches mit Interdentalbürsten von Tepe oder Curaprox als auch mit manuellen oder maschinellen Instrumenten beinhaltet. Danach geht die Entzündung meistens weg und das Zahnfleisch strafft sich wieder und baut die durch Fibroklastenaktivität verloren gegangenen Sharpey’schen Zahnhaltefasern wieder auf, auf welchen der Zahn in seiner Alveole verankert ist. Der Zahn besitzt diese Fasern, um physikalische Kaukräfte auf den Knochen in Zahnachse zu verteilen und den Druck abzufedern. Die Druckbelastung, die schlecht für den Körper ist, wird in eine Zugbelastung umgewandelt, damit schützt der Zahn sich selbst. Gibt es aber immer weniger Fasern, so gelangt immer mehr Druck auf den Zahn und der Knochen baut sich dadurch ab einem gewissen Punkt immer schneller ab. Eine Abwärtsspirale beginnt, der Zahn lockert sich und die Erkrankung befällt auch die Nachbarzähne, sodass sich plötzlich gesunde Zähne anfangen zu lockern und man die Stabilität nur sehr schwer in Griff bekommt. Das sollten wir unbedingt vermeiden, da auch dann eine Implantation nur durch langwierige Knochenaufbaumethoden möglich ist, welches sehr viel Nerven und Energie kostet. Nichts ist besser als der eigene Zahn mit seinen eigenen Zahnhaltefasern, welcher eine Tastsensibilität von einem Faden der Stärke von 8µm besitzt. Ein Implantat besitzt lediglich die Tastsensibilität der Knochenrezeptoren, welche um das 10fache weniger ist. Zudem erkennt der Körper es immer als fremd an und wenn eine Parodontitis schon besteht, kann es auch beim Implantat zu einer Periimplantitis kommen, welches zu einer Explantation führt. Ein Implantat ist nicht das Allzweckwundermittel. Nichts ist besser als ihr eigener, gesunder Zahn, verankert mit Sharpeyfasern an ihrem stabil vorhandenen Eigenknochen.
Verzichtet man zum Gang zur Zahnreinigung bauen sich die Zahnhaltefasern immer weiter ab, bis nach einiger Zeit knochenabbauende Zellen über das Immunsystem zum Entzündungsgeschehen transportiert werden. Es entsteht ein horizontaler wie später auch vertikaler Knochenabbau.
Wie messen wir das Ganze? Als erstes wird beim Check-Up der PSI Code erhoben mittels PSI-Sonde. Zusätzlich diagnostizieren wir auch visuell ob das Zahnfleisch gerötet ist, oder schon Zahnhälse freigelegt wurden und das Zahnfleisch zurückgegangen ist, das nennen wir auch Rezession.
Taucht die Sonde bis zum schwarzen Strich ab in 2 Sextanten (Code 3) oder verschwindet der schwarze Strich einmal in Gänze (Code 4), liegt der verdacht Nahe, dass eine Parodontitis vorliegt.
Danach darf nach der neuen Klassifikation der Parodontalstatus erhoben werden mittels Parodontometersonde und einem Röntgenübersichtsbild (um den Knochenabbau zu messen). Bei den Zähnen, die über 4mm Sondierungstiefe besitzen (im Engeren Sinne: 3,5mm mit kaufmännischer Rundung) wird ein Parodontalantrag für eine Antiinfektiöse Therapie gestellt. Es wird beim Antrag zusätzlich ermittelt, ob Vorerkrankungen wie Diabetes Mellitus vorliegen, welche eine Parodontitis begünstigen, geraucht wird und erfragt, ob schon familiär Parodontitis vorliegt, was die häufigsten Gründe sind. Zusammen mit der Beurteilung und Messung des Knochenabbaus und ob bereits Zahnverlust durch Parodontitis vorhanden ist wird nun ermittelt, in welches Stadium und welchen Grad die Parodontitis eingeteilt wird. Der Grad entscheidet, ob nun der Patient oder die Patientin 2, 4 oder 6 UPTs (Unterstütende PA-Therapien) von der Kasse erstattet bekommt. Eine UPT beinhaltet die Reinigung aller Zähne (wie auch bei der PZR) als auch die Reinigung aller Zahnfleischtaschen mit 4mm und Blutung oder ab 5mm ohne oder mit Blutung.
Ist nun der Antrag fertig ausgerechnet, elektronisch zur Kasse geschickt und genehmigt, so findet die ATG und MHU statt. ATG ist das Aufklärungs- und Therapiegespräch, wo wir Ihnen die möglichen Ursachen der Erkrankung näher bringen, sowie die Verhaltensmaßnahmen die Parodontitis zu stabilisieren, um den Knochen und das Zahnfleisch wieder zu stabilisieren. Die MHU (Mundhygieneuntersuchung) umfasst das Anfärben der Zähne, sowie die Reinigung der Zahnoberflächen.
Der nächste Termin ist die AIT. Diese Antiinfektiöse Therapie umfasst das Full-Mouth-Scaling der betroffenen Zähne und Zahnfleischtaschen. Full-Mouth-Scaling ist eine mit manuellen und maschinellen Instrumenten geschlossenes Scaling und Root Planning (SRP) der betroffenen Zahnwurzeln, sowie der Entfernung von subgingivalem Zahnstein, welchen wir auch Konkremente nennen. Zusammen mit Chlorhexidinspülungen, schaffen wir einen bakterienarmes Milieu, welches wieder die knochenaufbauenden Zellen (Osteoblasten) und Sharpeyfasern aufbauenden Zellen (Fibroblasten) aktiviert und die Entzündung beseitigt. Insgesamt geht in der PA-Therapie wie bei allen zahnmedizinischen Disziplinen der Trend hin zur Minimalinvasivität. Deswegen versuchen wir so gut wie möglich alles ohne chirurgischen Eingriff durchzuführen (geschlossen). Zudem setzen wir die Spritzen jeweils einzeln in die Zahnfleischtaschen (intraligamentär). Dies bewirkt, dass nur die betroffene Tasche zur Reinigung betäubt ist, wir viel weniger Injektionslösung benötigen und der Körper weniger Stress ausgesetzt ist und die Blutgefäße in der Tasche optimal kontrahieren. Dadurch steigern wir die Effizienz und das Wohlbefinden in der Behandlung.
Versuchen Sie bitte nach der Behandlung Dinge die ihr Immunsystem stark beeinträchtigen zu vermeiden. Nach 2 Wochen kontrollieren wir das Geschehen kurz nochmal ab.
Nach 3 Monaten erfolgt die erste Befundreevaluation Nachkontrolle BEVa zusammen mit der ersten UPT.
Ist der Knochen schon so stark abgebaut, dass die Zähne sich gelockert haben, so ist eine Knochenregeneration mit Knochenaufbaumaterialien möglich. Wir verwenden am liebsten nicht tierisches, synthetisches Knochenaufbaumaterial, welches den geschädigten Bereich stark stabilisiert und für uns über Jahre Hinweg mit der richtigen Compliance des Patienten und der Patientin zu erfolgreichen Ergebnissen geführt hat. Ich habe die Praxis meiner Mutter übernommen und mit ihrer 40 jährigen Erfahrung konnte sie über Jahrzente hinweg Zähne erhalten, die eigentlich längst gezogen werden sollten und wo längst Totalprothesen geplant waren. Wir kämpfen deshalb mit ganzem Herzen und ganzer Kraft für ihre Zähne, ihren Zahnhalteapparat und ihren Knochen, um sie so lang wie möglich und am besten Ganz von einer herausnehmbaren Versorgung und einer Totalprothese bewahren zu können. Diese hat keine sonderlichen Vorteile, schafft egal wie man sie entwirft nur Druck auf den Kieferkamm, der sich letzten Endes abbaut. Auch Halteklammer bieten unphysiologische Kräfte, die den Zahn, den Knochen und damit den Gesamtorganismus schwächen und Kopfschmerzen bereitet. Das wollen wir unbedingt vermeiden, wir kämpfen für ein gesunde physiologische Okklusion, die den Gesamtorganismus stabilisiert.

Parodontologie